Rezension „Salz für die See“ von Ruta Sepetys

 

Die letzten Kriegstage des Jahres 1945: Tausende Menschen flüchten aus Angst vor der Roten Armee nach Westen. Darunter Florian, ein deutscher Deserteur, Emilia, eine junge Polin, und Joana, eine litauische Krankenschwester. Eine Notgemeinschaft, n der jeder ein Geheimnis hat, das er nicht preisgeben will. Denn der Krieg hat sie Misstrauen gelehrt. Im eiskalten Winter wählt der kleine Flüchtlingstreck den lebensgefährlichen Weg über das zugefrorene Frische Haff. In Gotenhafen, so heißt es, warte die Wilhelm Gustloff, um sie nach Kiel zu bringen. Doch auch auf dem Schiff sind sie noch lange nicht in Sicherheit.

 

Sie ist Salz für die See. Seite 731

Meinung

Am Ende des Buches wusste ich, ich möchte auf jeden Fall eine Rezension dazuschreiben. Dieses Buch braucht viele Leser und viele Leserinnen. Es ist bedrückend, ergreifend und fesselnd. Es berührt mich und lässt mich nicht mehr los, denn eigentlich sollte allen klar sein, dass sich genau so etwas nie wieder wiederholen sollte. Doch genau das tut es jetzt. Anscheinenden ist keiner wirklich schlau aus der Vergangenheit geworden. Zum Ende des 2ten Weltkrieges fliehen Millionen von Menschen aus Preußen, zu Anfang fliehen sie noch illegal, weil es keinen Evakuierungsbefehl von Hitler gibt. Genau auf so einer illegalen Flucht treffe ich Joana. Die junge Frau ist Krankenschwester, Litauin und hat sich einem Tross angeschlossen. Dieser Tross besteht aus dem 6-jährigen Streuner Klaus, dem Schu-Poeten, Ingrid, die blind ist und Eva. Zusammen wollen sie fliehen und ihr Ziel ist ein Hafen egal ob Pillau oder Gotenhafen. Ein bunter, zusammengewürfelter Haufen von Menschen, die nur eines eint die Angst vor den Russen und den Deutschen, sowie der Gedanke schnell zu fliehen. Sich in Sicherheit zu bringen. Wenigsten ihr Leben zu retten. Was an sich schon Ironie pur ist, denn sie müssen mitten im Winter fliehen und es liegt Schnee und es ist furchtbar kalt. Zu Essen haben sie auch nicht genügend und der Weg ist weit. Da es keinen Evakuierungsbefehl gibt können sie auch nicht auf der Straße laufen, sonst würden sie erschossen werden. Ganz besonders ins Herz geschlossen habe ich den Schuh-Poeten. Zu jedem Menschen weiß er etwas, denn das sieht er an den Schuhen, die derjenige trägt. Er hat immer einen Witz auf den Lippen und er kümmert sich rührend um den kleinen Streuner. Auf der Flucht stößt ein geheimnisvoller, junger Mann mit einer Polin zu ihrem Treck. Der junge Mann ist deutscher, ein Deserteur und hat ein Geheimnis genau wie Joana. Etwas widerwillig schließt er sich der Gruppe an.

 

Wie viele Millionen Menschen hatten Zuhause und Familie durch den Krieg verloren? Seite 22

 

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive von Joana, dem jungen deutschen Deserteur Florian, sowie der jungen Polin Emilia erzählt. Emilia ist noch ein halbes Kind und hat doch schon so viel erlebt. Alle drei Schildern ihre gemeinsame Flucht und dann gibt es da noch eine vierte Perspektive. Alfred. Er ist mir zuwider, ja das trifft es relativ gut. Ich kann ihn nicht leiden. Er ist abstoßend, doch Ruta Sepetys schildert seine Geschichte so eindringlich, wie auch die der anderen und die langsame Auflösung des Ganzen passt doch wieder perfekt in die Geschichte. Jedes Schicksal dieser drei Protagonisten hat mich zu tiefst berührt, ihre Ängste und Sorgen, sowie ihre Wünsche. Ruta Sepetys hat das Schicksal aller miteinander verwoben und den direkten Draht damit zu meinem Herzen gefunden.

 

Durften wir unschuldige entwurzelte Kinder im Stich lassen? Sie waren Opfer, keine Soldaten. Aber manche Leute sehen das natürlich anders. Seite 40

 

Cover

Salz für die See hat ein wunderschönes Cover passend zum Inhalt. Der Umschlag und auch die Innenseiten sind liebevoll mit tollen Details ausgestattet.

Fazit

Eine erdrückende, fesselnde, traurige und gleichzeitig ermutigende Geschichte, die genau die richtigen Töne gegen das Vergessen trifft. Das Buch zeigt auf wie wichtig das Erinnern ist damit die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät. 5/5 Punkte

Die Brutalität war entsetzlich. Die Unmenschlichkeit überstieg jedes Fassungsvermögen. Niemand wollte dem Feind in die Hände fallen, nur wusste man inzwischen nicht mehr genau wer der Feind war. Seite 29

 

Geschichtlicher Hintergrund

1945 waren Millionen von Menschen in Ostpreusen eingekesselt. Viel zu spät ordnete Gauleiter Koch die Evakuierung an. Viele Menschen starben durch die Witterung oder ertranken während der Überquerung der Haff. Diejenigen, die es schafften nach Pillau oder Gotenhafen zu kommen mussten dann dort auf eine Zuverteilung eines Schiffs warten. Die Wilhelm Gustloff lag 1945 in Gotenhafen. Ursprünglich war sie mal ein Kreuzfahrtschiff der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude (KdF). Doch während des Krieges wurde sie umfunktioniert zu einem Lazarettschiff und Truppentransporter. Ihre letzte Fahrt trat das Schiff am 30.01.1945 an. Es sollte die evakuierten Flüchtlinge nach Kiel bringen. Insgesamt fasste die Wilhelm Gustloff knapp 2000 Personen. Doch in dieser schicksalhaften Nacht waren knapp 10.000 Personen auf dem Schiff. Gegen 21.00 Uhr wurde die Wilhelm Gustloff von einem sowjetischen U-Boot gesichtet und mit 3 Topredos beschossen, die schließlich das Schiff zum sinken brachten. Herbei eilende Schiffe konnten lediglich 1.252 Menschen retten. Somit zählt der Untergang der Wilhelm Gustloff bisher zur größten Katastrophe der Seefahrtgeschichte.

 

Zum Buch

Salz für die See

Originaltitel Salt to the Sea

Übersetzung von Henning Aherns

Erschienen als gebundene Ausgabe

406 Seiten

ISBN: 978-3-551-56023-0

Erschienen bei Königskinderverlag

 

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5 Gedanken zu „Rezension „Salz für die See“ von Ruta Sepetys

  • Januar 6, 2017 um 3:59 pm
    Permalink

    Hey,

    eine schöne Rezension! Das Buch steht schon auf meiner Wunschliste, aber es ist jetzt nochmal ein bisschen höher gerückt :). Solche Bücher verdienen einfach viel Aufmerksamkeit und sind gerade heute echt wichtig.

    Liebe Grüße
    Anka

    Antwort
    • Januar 6, 2017 um 4:15 pm
      Permalink

      Das Buch hat es auf alle Fälle verdient noch ein Stückchen höher zu rutschen. Es ist wirklich toll 🙂

      Liebe Grüße
      Corinna

      Antwort
  • Januar 6, 2017 um 8:57 pm
    Permalink

    Weißt du, wie ich auf das Buch kam? Durch einen amerikanischen Buch-Podcast… In den USA ist das Buch ein Hit, da die wenigsten dort überhaupt nur den Namen der Gustloff kennen. Da stolpert man über einen fremdsprachigen Podcast auf deutsche Geschichte…
    Ich fand das Buch sehr gut, auch die Aufmachung und die wiederkehrenden Sätze der Charaktere am Anfang und Ende des Buches fand ich echt schön gemacht!
    Schade, dass heute in der Schule nicht mehr viel Zeit zum Lesen ist. Dieses Buch wäre echte Pflichtlektüre!!!
    Bis bald,
    Frauke

    Antwort
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