Die Kunst, die Radieschen von oben zu sehen
Wer hat schon Lust, einen Gemüsegarten umzugraben? Lilian jedenfalls nicht. Sie hat mit ihrem Job, den beiden kleinen Töchtern und dem Kummer um ihren verstorbenen Mann genug zu tun. Danach fragt ihre Chefin jedoch nicht und meldet sie beim Gärtnerkurs eines wichtigen Kunden an. Der ist gar nicht mal so unsympathisch. Und Lilian ist verblüfft, was sie da auf dem Acker alles ausgräbt: Würmer, Lebensfreude, Baumwurzeln, Plastikfeen, Unkraut, Freunde, Radieschen, einen ziemlich großartigen Mann, und den Mut, sich neu zu verlieben …
Ich bin nur glücklich, das wir diese Zeit miteinander hatten. Seite 262/263
Als dieses Buch als Überraschungspost bei mir ankam wusste ich nicht wirklich worum es in dem Buch geht. Der Titel klingt nach einer Liebesgeschichte. Mit genau dieser Erwartung einer Liebesgeschichte habe ich begonnen zu lesen und so viel mehr bekommen. Lilian und ihre Töchter Annabell und Clara haben ihren Mann bzw. Vater bei einem Autounfall verloren. Seitdem muss Lilian alles alleine machen. Hilfe bekommt sie dabei von ihrer jüngeren Schwester Rachel. Lilian hat einen Job, den sie eigentlich liebt. Sie arbeitet als Illustratorin für Schulbücher. Doch eines Tages kommt die Chefin und will das Lili für einen der größten Blumen- und Gemüselieferanten/Anbauer ein Buch illustriert, dafür muss sie allerdings einen Gärtnerkurs besuchen, den der Sohn des Unternehmens leitet. Auf alle Fälle muss sie einen guten Eindruck hinterlassen, denn die Firma braucht diesen Auftrag. Seit Lilis Mann verstorben ist, ist sie eine Überlebenskünstlerin, sie kämpft sich gerade so durch’s Leben und versucht ihren Töchter Beständigkeit zu vermitteln, denn Lili quälen Schuldgefühle ihren Kindern gegenüber.
„… Es ist ein Schock, wenn jemand, den man liebt, einfach so aus dem Leben gerissen wird. Man braucht Zeit, um sich davon zu erholen. Ich habe mich noch nicht davon erholt…“ Seite 47
Als dann der Gärtnerkurs beginnt treffen viele ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Lili, die ihren Mann verloren hat, Rachel, die gerne Party macht und ständig wechselnde Beziehung hat und zwei Lehrerinnen usw..
Ich muss zugeben auch ich hatte am Anfang Vorurteile den anderen Kursteilnehmern gegenüber, genau wie Lilian, doch umso länger der Kurs dauert, um so mehr habe ich die Menschen ins Herz geschlossen. Abbi Waxman schreibt mit unglaublich viel Witz und Humor, jeder Charakter ist einzigartig und liebenswert. Und gleichzeitig lerne ich als Leser noch etwas für’s Leben. Nicht nur wie man Gemüse richtig anbaut, sondern auch wie wichtig es ist Menschen erst einmal völlig unvoreingenommen gegenüber zu treten und nicht von vornherein eine Meinung zu jemanden zu haben, den man nicht kennt.
Ich starre ihn an und kann in meinem Kopf das laute Klirren hören, mit dem meine festgefassten Vorurteile zu Boden fallen und zerspringen. Seite 149
Zwischen drin gibt es immer wieder einzelne Seiten mit einer Anleitung, wie man welches Gemüse am besten pflanzt und was sie leiden können oder nicht haben wollen.
Ich bin gerade zu durch die Seiten geflogen und wollte doch nicht, dass die Geschichte endet.
Fazit
Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte mit viel Humor und Charme, die einem gleichzeitig etwas wertvolles für das Leben mit auf den Weg gibt. 5/5 Punkte
Zum Buch
Gegen die Liebe ist kein Kraut gewachsen
Originaltitel The Garden of Small Beginnings
Übersetzung: Katharina Naumann
Erschienen als Taschenbuch
368 Seiten
ISBN: 978-3-499-27276-9
Erschienen bei Rowohlt
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